Brennelement-Transporte
   


Norddeutsche Rundschau

25.10.1995


Streik der Eisenbahner in Frankreich

Transport blieb auf der Strecke
Brennelemente jetzt in Brunsbüttel

BROKDORF (ta). Alles war bestens vorbereitet. Rund 30 Fahrzeuge von Polizei und Bundesgrenzschutz, darunter auch Wasserwerfer und Räumfahrzeuge, waren zum Schutz der atomaren Fracht erschienen. Den zwölf ten Transport abgebrannter Brennelemente aus Brokdorf begleiteten gestern auch wieder einige Atomkraftgegner. Doch der Transport kam nur bis Brunsbüttel.

Schuld daran waren nicht die Demonstranten, sondern ein Streik der Eisenbahner in Frankreich. Da diese Meldung die zuständigen Behörden erst mittags erreichte ging der Transport zunächst planmäßig über die Bühne.

Die 15 Atomkraftgegner, die nach der morgendlichen Demonstration in Brokdorf gestern nachmittag in Wilster am Bahnübergang die Bevölkerung mit Transparenten auf die Gefährdung durch die Atomfracht aufmerksam machten, warteten dann auch vergebens. Denn lediglich die Lok und ein Anhänger für die Bundesgrenzschutzbeamten passierten Wilster - der Waggon mit den Brennelementen fehlte.

Daß der Atommüll das KKW Brokdorf auch tatsächlich verlassen hatte, machte nicht nur das Aufgebot der uniformierten Beamten deutlich. Auch die Strahlenmessung durch Karsten Hinrichsen zeigte es an. Mit seinem Meßgerät registrierte er in fünf Metern Abstand vom Transporter eine fünffach höhere Strahlung als normal. Einige Polizisten, die ihm über die Schulter schauten, waren nach Aussage von Hinrichsen erschrocken. Die Polizisten tragen Filmdosimeter, die eine eventuelle Strahlung anzeigen, jedoch erst später ausgewertet werden.

In Brunsbüttel werden die abgebrannten Brennelemente auf den Zug verladen und in die französische Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in La Hague transportiert. Dort werden die 236 Hüllrohre pro Brennelement zersägt und die darin enthaltenein radioaktiven Spaltprodukte und erbrüteten Plutonium-Isotope freigesetzt, so Bündnis 90/Die Grünen in einer Presseerklärung. Die radioaktiven Gase würden dann über den Schornstein in die Umgebung abgegeben. Radioaktive Abwässer gelangten so auch in den Ärmelkanal bis in die südliche Nordsee, wo sie sich mit den Abwässern aus der englischen WAA Sellafield vermischen würden.

Weiter bedauern Bündnis 90/Die Grünen, daß die schleswig-holsteinische Landesregierung noch keine Konsequenzen aus einem Gutachten über die austretende Neutronenstrahlung bei den Atomtransporten gezogen hat. Niedersachsen habe daraufhin die Transporte nach Gorleben gestoppt, bis geklärt sei, ob die Neutronenstrahlung so hoch ist, daß die Strahlenschutzgrenze überschritten werden.

"Im AKW Brokdorf werden Monat für Monat so viele Brennelemente abgebrannt, daß im Schnitt ein Transport pro Monat erforderlich ist," so der Kreistagsabgeordnete Karsten Hinrichsen. Der Termin, für den nun ausgefallenen Transport steht noch nicht fest. Ein weiterer soll am 21. November folgen.